Schon seit längerer Zeit interessieren wir uns für das Arbeiten mit Pferden im Wald.
Unser Traum ist es, die Pferde auch in unserem Wald nützlich und vernünftig einzusetzen.
Einige laienhafte Versuche hatten wir bereits unternommen, wodurch uns schnell klar wurde, dass Holzrücken genauso eine Kunst ist wie das Kutsche fahren.
Längst haben sich Maschinen in allen Bereichen der Waldwirtschaft durchgesetzt, in denen früher Pferde nicht wegzudenken waren. Deshalb sind auch Fortbildungsmöglichkeiten zum Thema Arbeitspferde rar. In Baden Württemberg sind wir schließlich fündig geworden: ein APRI-Kurs (Ausbildungs- und Prüfungsrichtlinie der Interessengemeinschaft Zugpferde) mit dem Schwerpunkt Holzrücken bei Christl Erz. Sie leitet seit Jahren einen erfolgreichen Betrieb und ist sowohl in Bereich Zucht, Haltung, Planwagenfahren und Holzrücken eine Fachfrau.
Am 2.3.2012 war es endlich soweit und wir machten uns mit vielen Erwartungen auf den Weg nach Laichingen.
Schon die erste Kennenlernrunde ergab einige Überraschungen. Die 18 Teilnehmer brachten völlig unterschiedliche Vorkenntnisse und Erwartungen mit:
landwirtschaftlicher Betriebsgutachter zur Erweiterung des Horizontes, berufsmäßiger Holzfäller angestellt beim bayrischen Forst—Vermittlung und Beratung der Waldbauern hinsichtlich Waldbearbeitung und Alternativen, Landwirtschaftsstudenten - aus eigener persönlicher Überzeugung, Hobbyzüchter So gestaltete es sich nicht leicht, alle Teilnehmer unter einen Hut zu bekommen. Aber das Team um Christl Erz (2 erfahrene Holzrücker und unterstützend noch ihre Tochter) war sehr gut organisiert. Nach einer theoretischen Unterweisung konnten wir sogleich praktische Erfahrung in einer Reithalle mit ihren bestens ausgebildeten Pferden sammeln. Aufgebaut war ein Geschicklichkeitsparcours mit Hütchen und Stangen. Die Hütchen sollten die vereinfachte und nicht ganz so standfeste Alternative zu Bäumen sein. Ziel war es, das Rückepferd mit Stimmkommandos und entsprechenden Paraden von hinten durch diesen Hütchenslalom und die Stangengassen zu manövrieren. Schnell bemerkten wir, wie präzise Holzrückepferde ausgebildet sein müssen und wie wichtig ein ausgeglichenes Gemüt eines solchen Pferdes ist. Jeder durfte unter fachkundiger Anleitung den Mehrstationenparcours erst ohne und dann mit Wagscheit, sowohl im Ein- als auch Zweispänner mit verschiedenen Leinen ausprobieren. Christl Erz lenkte sowohl Ein- als auch Zweispänner eindrucksvoll durch sämtliche Stationen (Zupfleine). Sie erklärte Vor- und Nachteile der Stoßzügel im Vergleich zu normalen Leinen, demonstrierte die immense Wichtigkeit der Stimmkommandos beim Rückepferd und war jederzeit für sämtliche Fragen offen. Ihre Schwarzwälder Füchse Rosi, Feger, Memory, Mogli und das ardennische Kaltblut Rubi ließen sich durch unsere, meist diffusen „Hilfen“ nicht aus der Ruhe bringen. Manchem von uns fiel es schwer, „hüscht“ und „hott“, also rechts bzw. links richtig zuzuordnen. Durch die Übungseinheit in der Reithalle waren wir alle hoch motiviert, dass gelernte am nächsten Tag im Wald anzuwenden.
Mit Pizza, nicht bayrischem Bier und lebhaftem Gedankenaustausch klang der erste Tag aus mit hohen Erwartungen auf die Praxis am folgenden.
Frisch und munter begann er mit einer Führung durch den Hof von Christl Erz. Luxuriöse Planwagen incl. Kühlschrank brachten uns zum Staunen und verrieten einen Wirtschaftszweig für gehobene Ansprüche!
Gemeinsam verluden wir die Pferde und los ging’s mit dem Transporter in den Wald.
In kleinen Gruppen schirrten wir das zugeteilte Rückepferd auf. Auch hier erfüllt jeder Riemen eine ganz bestimmte Aufgabe. Christl schwört auf das kombinierte Geschirr auch im Wald. Allerdings sind das „Maßanzüge“ für jedes Pferd mit eingebauten Spezialanfertigungen nach ihren Angaben
Jetzt wurden wir im Anhängen der Last eingewiesen. Sie demonstrierte, worauf es beim Anhängen ankommt, immer darauf bedacht, die größtmögliche Sicherheit für Mensch und Tier zu garantieren. Auch im Wald gelten Achenbachsche Grundsätze: Zweckmäßigkeit und Sicherheit Ziel des Vormittags war es, ein Gefühl für das Pferd und die angehängte Last zu bekommen.
Kaum zu glauben, wie schwierig es ist, die richtige Position hinter dem Pferd zu finden und es gleichzeitig zu händeln: Wo ist der Baumstamm? Wo will ich hin? Was macht das Pferd? Wo sind eigentlich meine eigenen Füße?!
Schon seit geraumer Zeit schreibt auch die Berufgenossenschaft beim Führen einen Abstand von ca. einem Meter neben der angehängten Last vor. Nur so ist der Blick zum Pferd und über die Last möglich.
Gerade als Anfänger sollte man öfters anhalten, um sich wieder einen Überblick von der Situation zu verschaffen. Im Wald geht es meist sehr eng zu und die Stammseite auf der man führt, muss öfters gewechselt werden (z.B. wegen Hangneigung!). Dies darf niemals in Bewegung passieren.
Zum Abschluss führte Christl mit ihrer Stute Rosi einen Rückeparcours im Wald mit natürlichen Hindernissen vor (kleine Brücke über einen Graben, über Bäume rücken, unter quer liegenden Bäumen durchrücken und rückwärts Einparken)
Mit nur sehr leisen, ruhigen Stimmkommandos und Paraden manövrierte Sie Rosi mit einem 8m Stamm durch den Parcours. Sie erklärte, dass es Pferde gäbe, die den Stamm sogar zwischen die Beine nehmen würden um ihn zu schieben. Dies faszinierte uns besonders.
Der gravierende Unterschied zwischen Rücken und Fahren liegt vor allem an den vielen Stimmkommandos. Beim Fahren sind die Stimmhilfen im Turniersport völlig untersagt und sonst nur noch bei älteren Fahrern gebräuchlich.
Jedes Holzrückepferd kennt seinen Namen, (wichtig beim 2-spännig rücken) und hat die Kommandos komm, hüscht, hott und zurück total verinnerlicht. Nur so ist Präzisionsarbeit überhaupt möglich. Es entsteht über Jahre hinweg eine absolut intensive Vertrauensbeziehung zwischen Pferd und Rücker. Christl Erz demonstrierte uns überzeugend, wie harmonisch eine solche Beziehung sein kann.
Spätestens jetzt hatte jeder von uns verstanden, in welch „Hohe Schule“ wir rein schnuppern durften!
Am Nachmittag stand nochmals ein Theorieteil auf dem Programm, der inhaltlich der Fahrkurse III und IV sehr ähnlich ist.
Der Kurs gibt einen sehr umfangreichen Einblick in die Kunst des Holzrückens. Selbst ein Komplettanfänger durfte von Beginn an seine eigenen Erfahrungen mit dem Partner Pferd machen. Unser Fazit ist: Wer mit seinem Pferd im Wald arbeiten will, der tut gut daran, sich professionelle Hilfe zu holen. Nur so kann man einen Blick für die Tücken bzw. auch Gefahren bei der Rückearbeit bekommen.
Die Reise hat sich gelohnt. Wir waren das erste, aber bestimmt nicht das letzte Mal bei Christl Erz
Und auch Wolfgang schafft es nun „Hüscht“ und „ Hott“
voneinander zu unterscheiden. Was für ein Holzrückepferd ein enormer Unterschied ist.
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